TIPPS ZUM LEBEN AUF RHODOS

Vom Sommer in den Winterschlaf (Fortsetzung von Mägi & Dave)

Wie schnell doch die Zeit vergeht! Mit Schrecken habe ich festgestellt, dass mein letzter Bericht bereits sieben Monate zurück liegt. Ich war sehr angenehm überrascht zu erfahren, dass Rhodos-Interessierte aus Deutschland, der Schweiz und Österreich meine Berichte im Internet sogar lesen und sich per Mails erkundigten, wann dann der nächste Bericht erscheinen werde!

Nun, so mache ich mich daran, wieder einmal unsere Erlebnisse niederzuschreiben, obwohl ich etwas Mühe habe, diese alle der Reihe nach zu sortieren.

Etwas Wichtiges zuerst: Wir haben noch immer nicht unseren eigenen Strom! Die Besitzerin des Blumenladens, bei der wir den Strom freundlicherweise abzapfen dürfen, hatte vorausgeahnt, dass dies bis zu einem Jahr dauern könne, was wir ihr aber nicht glaubten. Wir geben die Hoffnung noch nicht auf, denn wir haben noch einen guten Monat Zeit, bis das Jahr herum ist und bleiben optimistisch!

Ein Möbelstück, das durch den Umzug beschädigt wurde, gaben wir dem Schreiner zur Reparatur. Es dauerte nur gerade mal 8 Monate, bis wir die Teile zurück bekamen. Mit „avrio, avrio“ (Morgen, Morgen) wird man hier ganz nett getröstet und man gewöhnt sich auch daran, und regt sich überhaupt nicht mehr auf.

Mit dem Gemüsegarten hatten wir wenig Erfolg. Die verschiedenen Samen, die wir von hier erstanden, aber auch aus der Schweiz und auch von Australien importiert hatten, sind überhaupt nicht gekommen. Die jeweilige Ernte war sehr spärlich, obwohl Dave Stunden verbrachte, den Boden – sowie gleichzeitig auch seine Kehle – zu wässern! Am ertragreichsten waren noch die Melonen, aber auch Bier- und Breezer-Flaschen vermehrten sich von Tag zu Tag, die besoffene Touris in den Garten warfen. Dafür haben wir eine neue Käfer- oder Grillen-Art kennen gelernt, die die Griechen Zizikas nennen. Die Eier lagern im Boden, und die Zizikas wühlen sich nach dem Ausschlüpfen aus der Erde – man sieht überall größere Löcher im Boden – sie verlieren ihre Hülle, die man zu Hunderten am Boden liegen sieht, und die Tierchen leben dann auf den Bäumen. Sie machen ein enormes Geräusch, wie eine Grille, aber viel viel lauter, so richtig nerventötend.

Den Sommer haben wir sehr gut überstanden, obwohl die Monate Juli und August temperaturmäßig an der Höchstgrenze waren. Die Klimaanlage lief ununterbrochen. Das Meer war sehr warm, es brachte wenig Abkühlung. Wir fuhren meistens gegen Abend an das Meer, um unsere Schwimmstunde zu absolvieren. Anschließend erholten wir uns bei der Cantina von Nikos und Zoe mit einer Ouzo Meze. Für total 5 Euro konnten wir unseren Hunger mit Fleischbällchen, Salat, Feta-Käse, Salami und Brot stillen. Gespült wurde natürlich mit Ouzo.

Bis Mitte November habe ich jeweils für drei Stunden an einer Website gearbeitet, was mir etwas Abwechslung gebracht hat. Ich war für die deutschen und englischen Texte zuständig. Im Moment hat der Eigentümer genügend Artikel, und er ist nun daran, dies alles in Griechisch zu schreiben. U.a. habe ich die ganze griechische Mythologie in deutsch und englisch abgeschrieben. Eine Fleißarbeit, die für mich eine sehr interessante Erfahrung war, und ich kann diesen Lesestoff über all die griechischen Götter und sündigen Göttinnen nur empfehlen. 

Wir bekamen auch lieben Besuch aus der Schweiz – viele unserer Freunde wollten sehen, wie wir leben. Dabei wurden wir auch mit Schweizer Spezialitäten wie Cervelats (ha, ich habe noch immer ein Paar im Tiefkühler....), Raclettekäse, Kirsch zum Fondue, Schweizer Schokolade, etc. verwöhnt. Die Meisten waren von der Insel Rhodos begeistert und wollen wieder kommen. Unsere Tochter mit Familie verbrachte zwei Wochen mit uns. Vor allem Rico, unser Enkel war vom Meer, der Wasserrutschbahn, dem Riesenrad etc. etc. so begeistert, dass er noch heute davon erzählt. Einmal verbrachten sie einen Nachmittag im Wasserpark, wo ich sie dann abholte. Während der Heimfahrt fuhr ich leider etwas zu schnell und wurde von der Polizei aufgehalten. Anstatt 50 fuhr ich 86, weil mein lieber Ehemann mich dazu trieb, einen Bus zu überholen. Ich hatte nicht einmal einen Ausweis dabei. Während der Unterhaltung mit dem Polizisten, dem ich unter anderem erzählte, dass wir in Kalithies wohnen, wollte er wissen, ob ich auch griechisch könne. Ja, klar, fluchen, antwortete ich. Am Ende waren sämtliche vier Polizisten um mich herum und wollten wissen, was denn „Malaka“ (Malaka ist ein wirklich schlimmes Wort) in Englisch sei!!! Der Polizist war dann gnädig mit der Buße; total musste ich nur 42 Euro bezahlen. Ich wollte die Schuld sofort begleichen, aber dies war nicht möglich. Mit dem Bußzettel musste ich auf die Gemeinde im Dorf. Dort legten sie ein Ordner in meinem Namen an, wo das Korpus Delikte eingeheftet wurde. Ein anderes Dokument wurde ausgedruckt – in Farbe, wohlgemerkt – der dann ebenfalls in den Ordner kam. Eine Kopie davon bekam ich nach Bezahlung der Strafe. Mit dieser Kopie musste ich in Rhodos-Stadt die Straßenpolizei aufsuchen, um denen zu beweisen, dass die Strafe bezahlt ist. Ein totaler bürokratischer Leerlauf. Aber man gewöhnt sich hier ja an alles. Was mich total überraschte war, dass das Dorf und Umgebung bereits am andern Tag wusste, dass ich von der Polizei „verhaftet“ worden sei! So schnell geht das!

Die Saison 2003 war nicht sehr gut, und viele Hotels und Restaurant sowie Souvenirläden und Bars klagten, dass die Touristen nicht kämen. Dafür kamen der Club 18-30 Jährigen sowie andere Reiseveranstalter umso mehr ins Gespräch und zwar nicht gerade im positiven Sinne. Über die Zustände in Faliraki wurde nicht nur in den englischen sondern auch in deutschen und schweizerischen Zeitungen geschrieben, sodass ich mich dazu nicht mehr äußern möchte. Trotz vermehrter Kontrollen der Polizei kam Faliraki nicht mehr aus den Negativzeilen heraus. Die Polizei bekam Verstärkung von der English Police in Birmingham, die der hiesigen Polizei zeigte, wie man mit sog. Hooligans umging. Letzthin haben wir erfahren, dass die Faliraki Polizei sogar in England an einem Lehrgang teilgenommen hatte, um für die neue Saison gewappnet zu sein, obwohl die Reiseveranstalter die Verträge der 18-30 Jährigen nicht mehr erneuert haben. Dies bedeutet, dass diese Saison wahrscheinlich noch schlimmer wird als die letzte, dass viele Apartmenthäuser und Studios leer bleiben werden, da sie noch keine neuen Mieter gefunden haben. Unsere lieben Freunde aus München, Irmi und Helmut, konnten ja letztes Jahr endlich wieder durchschlafen, da das Hotel Matina schon dann keine jugendlichen Touristen aus England mehr hatte, die durch ihre Saufgelage etc. die Nachbarschaft in Atem hielt!

Es ist sehr schade, dass Faliraki so in die Negativzeilen gelangt ist. Dabei ist es falsch zu glauben, dass Faliraki nur aus sündigen Orgien, Morden und tragischen Unfällen besteht. Dies gilt eigentlich nur für die Barstreet und Clubstreet, ein sehr kleiner Teil von Faliraki. Faliraki bedeutet für uns der schönste, breiteste und längste Sandstrand auf der Insel. Ein Strand, der von der Vereinigung der Liegebetten und Sonnenschirme unterhalten wird. Vergessen wir auch nicht die Kathara-Bucht mit ihren griechischen Tavernen, die Antony Quinn- oder die Ladiko-Bucht, bei denen man Ruhe und Erholung findet.

Wir haben sehr gute Freunde gefunden in Kalithies, die uns in griechische Traditionen eingeführt haben. So wurden wir an viele der kirchlichen Feste mitgenommen – ich glaube, kein Land hat so viele Festtage wie Griechenland – bei denen mit Tanz und guten Mezes gefeiert wird. Sehr gut erinnern wir uns an das Fest des Heiligen Stavros hier in Kalithies. Die Kirche trägt seinen Namen. Das Fest dauerte drei Tage und drei Nächte. Rund um unsere Wohnung waren auf der Strasse Stände aufgebaut. Wir hatten nun das Pech, dass bei einem Stand direkt bei uns, Musikkassetten verkauft wurden. Bis in die frühen Morgenstunden erklang immer wieder das gleiche Stück, und das 3 Nächte lang. Wir haben dann einfach die Nacht zum Tag gemacht, um zu etwas Schlaf zu kommen.

Am 6. Januar wurde das Fest von der Taufe Jesus gefeiert, ein hoher Feiertag in Griechenland. Nach dem Kirchenbesuch trafen sich die Einheimischen von Faliraki und Umgebung unten am kleinen Hafen. Die Obrigkeiten der Kirche kamen zur kleinen Kapelle, die am Hafen liegt. Der Festakt war, dass der Pope ein Kreuz in das Meer wirft, das dann von Jünglingen vom Ufer her schwimmend geholt werden musste. Der ganze Festakt wurde von der Kalithies Dorfmusik begleitet, die Zuschauer bekamen gratis Zimttee, Kaffee und Süßigkeiten. Etwa 10 Jünglinge beteiligten sich an der etwas kalten Schwimmaktion und dem Gewinner winkte ein Jahr lang Glück und Segen. Der ganze Festakt kam am Abend im örtlichen Fernsehen, und wir konnten auch uns im Fernseher bewundern.

Tom, ein amerikanischer Grieche und ein lieber Freund von uns, hat Dave gezeigt, wie man Biriba spielt. Biriba ist ein von den Griechen heiß geliebtes Kartenspiel, dass sie vor allem in den Kafenions – eine Art Männercafé – spielen. Dabei geht es nicht um Geld. Der Verlierer bezahlt dem Gewinner ein Coca oder eine kleine Schokolade. Bis jetzt hat Dave nur verloren. Kein Wunder, spielt Tom gerne mit ihm!

Im Sommer ist Kalithies wie ausgestorben, da die meisten Einwohner in Faliraki und Umgebung arbeiten. In den Wintermonaten „lebt“ Kalithies. Freunde besuchen einander auf einen Kaffee, die Männer treffen sich in ihren Kafenions. Es wird nirgends so viel getratscht und Kaffee getrunken wie in den Wintermonaten. So hat es sich „eingebürgert“, dass wir an den Freitagabenden von Linda besucht werden und so all den neusten Tratsch aus Afandou und Umgebung erfahren. Ich treffe mich viel mit Margaret, einer lieben Freundin aus Deutschland, die mit ihrem Mann Frank und Erna dem Schäferhund in Faliraki lebt. Wir gehen miteinander einkaufen, machen Rhodos-Stadt unsicher oder quatschen während eines Spaziergangs mit Erna am Meer oder in den Hügeln über dies und das. Wir haben auch angefangen, uns während der Winterzeit zu bekochen. Einmal pro Woche treffen wir uns entweder bei uns oder bei ihnen zu einem Winterschmaus. Als nächstes ist bei uns Raclette auf dem Speisezettel.

Im Oktober eröffnete die deutsche Supermarktkette Lidl einen Einkaufsladen auf der Insel. Lidl wurde zu einer großen Konkurrenz der einheimischen Supermärkte, die für griechische Verhältnisse sehr teuer sind. So kostet ein Liter Milch mindestens 1.14 Euro, was zu den 59 Cents von Lidl ein riesiger Preisunterschied ist. Am Montag und Donnerstag hat Lidl speziell günstige Angebote, und wir haben in der Zwischenzeit gelernt, dass man nie an diesen Tagen einkaufen gehen soll, sonst wartet man gut und gerne mal bis 2 Stunden an der Kasse. Dazu kommt, dass die Griechen noch nicht gelernt haben, in einer Schlange anzustehen. Immer wieder drängen sie sich vor und dies ergibt immer wieder kurzweilige und hitzige Diskussionen, die einem die Warterei verkürzen. Dann kommt es vor, dass ein Grieche einen prall gefüllten Wagen einfach stehen lässt, weil er für die Einkaufstüte 1 Cent bezahlen muss. Lidl ist ein wahrer Segen, die Preise sind im Vergleich der griechischen Supermärkte um die 40% billiger. Die Qualität ist gut, und man bekommt auch Ware, die sonst nicht angeboten werden. Bereits wird ein zweiter Lidl Supermarkt an der Ostküste gebaut, was wir natürlich sehr begrüßen.

Letzthin habe ich erfahren, dass nun zwei Mägis auf der Insel leben. Linda und Lefteris haben ein herziges Lamm erhalten, das sie auf den Namen Mägi tauften. Dave meinte, es hätte sogar eine gewisse Ähnlichkeit mit mir, aber er sei schon froh, dass ich nicht so dürre Beine hätte. Das Lamm lebt beim Haus, angebunden an einem Strick.

Vor einigen Wochen haben wir uns einen Schwedenofen gekauft, da es manchmal ziemlich kalt werden kann. Die Häuser sind ja nicht isoliert und man spürt die klamme Kälte umso mehr. Wir könnten mit der Klimaanlage oder mit elektrischen Öfen heizen, aber Elektrisch ist sehr teuer und gibt nicht die gleiche Wärme ab. Dave kaufte eine Stihl-Säge, um Holz zu sägen. Den ersten Baum, eine ca. 12 m hohe und 60 cm dicke Föhre, musste er im Auftrag von unserem Freund Charlie fällen. Keiner hatte eine Ahnung davon und als der Baum gegen den Boden stürzte, lief Charlie in die falsche Richtung, und er wurde vom Baum begraben. Glücklicherweise wurde er nur von den Ästen und nicht vom Stamm begraben. Doch Dave brauchte eine Weile, bis er ihn befreit hatte. Er kam mit einem Schock davon. Es blieb nicht nur bei diesem Zwischenfall. Kurz darauf durfte ich Dave in die Notfallabteilung des Spitals von Rhodos fahren, weil sich ein Holzspieß in seine Hand gebohrt hatte. Dieser konnte nur durch Aufschneiden wieder entfernt werden und mit diversen Stichen sowie einem Riesenverband und Schmerztabletten wurde er wieder entlassen. In der Zwischenzeit hat Dave viel gelernt, und wir haben nun Föhren-, Feigen-, Oliven-, Aprikosen- und Gebüschholz im Angebot. Es hat sich herumgesprochen, dass Dave Bäume sägt. Er wird des öfteren gebeten, doch diesen oder jenen Baum umzulegen oder zu stutzen. Wichtig ist, dass es für die Griechen nichts kostet. Wir haben dafür Gratisholz. Übrigens ist es streng verboten, in den Wäldern ohne schriftliche Einwilligung der Polizei Bäume umzulegen. Strafen bis zu 20 Jahren Gefängnis werden dafür ausgesetzt. 

Das Wetter ist zur Zeit sehr unterschiedlich. Wir haben sonnige Tage mit bis zu 24 Grad, dann aber wieder sturzbachähnliche Niederschläge, begleitet von Blitz und Donner. Die Temperaturen machen Berg- und Talfahrt. Für die nächsten zwei Tage sind wieder eisige Temperaturen von bis zu 1° bis 8° angesagt. Dann bleibt man halt zu Hause, heizt tüchtig ein – außen und innen - und verwandelt sich zu einer „Couchpotatoe“, d.h. man stellt das Heizkissen an, liegt auf der Couch unter der Decke und schaut fern, liest ein spannendes Buch oder macht einen Mittagsschlaf.

Ich werde den Winter etwas verkürzen und fliege am Freitag, den 13. Februar in den Sommer nach Australien. Ich werde vier Wochen in Sydney bei meinem Sohn Urs, meiner Schwiegertochter Katja und dem Enkelkind Emily verbringen. Meine Vorfreude ist unbeschreiblich, und ich beginne, die Tage zu zählen. Zeit mit meinen Enkelkindern zu verbringen, ist für mich das Größte, vor allem, weil ich nicht mehr die Gelegenheit habe, sie täglich zu sehen.

Aller Wahrscheinlichkeit nach werde ich diesen Sommer in einem Hotel in der Rezeption arbeiten. Dieser Job wurde mir bereits letztes Jahr angeboten, aber ich wollte den ersten Sommer unabhängig sein. Es reizt mich, mal zu erfahren, wie es ist, eine volle Saison zu arbeiten, die Leiden und Freuden eines Touristen zu erkennen und den Touristen mit meinem Wissen behilflich zu sein. Vor allem wäre ich alleine, ich könnte selbständig arbeiten und Entscheidungen treffen. Ein Entscheid wird in den nächsten Wochen gefällt. Vielleicht kann ich dann ein Buch über „die Freuden und Leiden eines Touristen in Rhodos“ schreiben o;)))) 

Wir wünschen Euch allen ein gutes, erfolgreiches, glückliches und zufriedenes Neues Jahr, und wir hoffen auf ein Wiedersehen auf der Insel.

Mägi und Dave

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